Die Münchner Secession: Der Aufstand der Künstler gegen den Akademismus

Die Münchner Secession: Der Aufstand der Künstler gegen den Akademismus

Ende des 19. Jahrhunderts war München nicht nur die Hauptstadt Bayerns, sondern auch eines der führenden Kunstzentren Europas. Die Stadt zog Künstler, Bildhauer und Architekten aus ganz Deutschland und anderen Ländern an. Doch hinter dem äußeren Glanz verbargen sich tiefe Widersprüche: Die offizielle Kunst blieb konservativ, den akademischen Standards verpflichtet, und neue Strömungen wurden kaum zu Ausstellungen zugelassen.

Im Jahr 1892 sagten eine Gruppe von Künstlern "genug" — und machten einen Schritt, der die Kunst in Deutschland für immer verändern sollte. So entstand die Münchner Secession.

Warum entstand die Secession?

Der Begriff "Secession" stammt vom lateinischen secessio — "Rückzug", "Abspaltung". Und genau das beschreibt die Situation: Die Künstler trennten sich von der offiziellen Münchener Künstlergenossenschaft, um ihre Werke unabhängig von akademischen Normen zu schaffen und auszustellen.

Die Hauptgründe für die Abspaltung waren:

  • • Die Jury der offiziellen Ausstellungen lehnte ständig innovative Werke ab und bevorzugte "richtige" historische und mythologische Themen.
  • • Junge Künstler strebten nach thematischer Freiheit, neuen Techniken und individuellem Stil.
  • • Sie ließen sich von Impressionismus, Symbolismus und Realismus inspirieren — Strömungen, die traditionelle Akademiker als "Gefahr für den guten Geschmack" betrachteten.

Wer stand an der Spitze?

Zu den Initiatoren der Secession gehörten:

  • Franz von Stuck — Maler, Bildhauer und Architekt, dessen symbolistische Werke heute Museen auf der ganzen Welt schmücken.
  • Paul Höcker — Professor an der Akademie der Bildenden Künste, der neue Ausdrucksformen unterstützte.
  • Bruno Piglhein — Maler und einer der Hauptorganisatoren der Bewegung.

Unterstützt wurden sie von Dutzenden anderer talentierter Künstler — insgesamt unterzeichneten etwa 96 Künstler das Manifest zur Gründung der neuen Vereinigung.

Erste Ausstellung und Erfolg

Die erste Ausstellung der Münchner Secession fand 1893 im Königlichen Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz statt. An der Ausstellung nahmen 297 Künstler mit 876 Werken teil.

Der innovative Ansatz zur Gestaltung der Ausstellung unterschied sich von den langweiligen Sälen der Akademie: Die Gemälde hingen an farbigen Wänden, wurden elektrisch beleuchtet, der Saal war mit Pflanzen und Stoffen dekoriert. Dies schuf eine lebendige, fast theatralische Atmosphäre statt einer strengen Museumsausstellung.

Das Publikum war begeistert. Die Kritiker waren geteilter Meinung. Aber eines war klar: Die Secession setzte neue Maßstäbe für die Ausstellungskultur in Deutschland.

Weniger bekannte Fakten

  • • Bereits um 1900 hatte die Münchner Secession über 400 Mitglieder — nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Österreich, der Schweiz und sogar aus Italien.
  • • Das Gebäude der Münchner Secession wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und später abgerissen.
  • • Trotz des Erfolgs kam es innerhalb der Vereinigung immer wieder zu Spaltungen: Einige Künstler verließen die Gruppe, da sie die Secession selbst als zu "offiziell" empfanden.
  • • Die Idee der Secession beeinflusste sogar die Architektur: Der Jugendstil (die deutsche Variante des Art Nouveau) hielt Einzug in die Gestaltung von Gebäuden, Möbeln und Buchgrafik.

So wurde die Münchner Secession zum Symbol der Freiheit des künstlerischen Ausdrucks, der Abkehr von auferlegten Normen und des Respekts gegenüber der Individualität des Schöpfers. Ihre Mitglieder malten nicht nur Bilder — sie schufen ein neues Verständnis von Kunst, das das Gesicht der europäischen Kultur für immer veränderte.

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